Als Erstes denken Händler in der Regel daran, wie sie ihren Umsatz steigern können. Ihr Gewinn steigt aber genauso, wenn sie ihre Kosten reduzieren. Eine Möglichkeit dafür ist die Lagerung und der Versand von Ware im Ausland. Das ist aber mit gewissen Herausforderungen verbunden, Stichwort: Umsatzsteuer.
50 Millionen: Das ist die Zahl der Deutschen, die Ende 2018 schon mal online Produkte erworben haben – und die Zahl steigt stetig weiter. Der Online-Handel mit Waren ist lukrativ wie nie und immer mehr springen auf den mit Höchstgeschwindigkeit fahrenden Zug auf.
Als Händler ist es aber nicht mit dem Aufsetzen eines Online-Shops getan: Produkte müssen produziert oder eingekauft werden, in ein Lager transportiert und dort aufbewahrt, schließlich verpackt und weiterverschickt werden. In diesem Prozess liegen nicht nur viele Herausforderungen, sondern genauso viele Chancen zur Optimierung der Geschwindigkeit und Kosten.
Für den Fall, dass Produkte nicht nur in Deutschland selbst verschickt werden, sondern international, liegt der Gedanke nah, dabei auf ein Warenlager im Ausland zurückzugreifen. Das kann nicht nur Kosten in Sachen Lagerung und Versand reduzieren, sondern genauso die Lieferzeiten.
Amazon setzt über Deutschland hinaus z.B. auf Warenlager in Frankreich, Italien, Polen oder Tschechien – und bietet sie den Händlern im Rahmen des Programms Paneuropäischer Versand an. Bei all der Euphorie über Kosten- und Zeiteinsparungen sollte aber nie das Kleingedruckte vergessen werden. Während das Steuerrecht in Deutschland nämlich noch bestens bekannt ist, hält die Lagerung in anderen Staaten die eine oder andere Herausforderung für unkundige Händler bereit.
Übrigens: Wer nur in Deutschland lagert und verkauft, sollte sich trotzdem mit aktuellen Rechtsprechungen auseinandersetzen. Wer bei Amazon, eBay oder anderen Online-Plattformen seine Produkte anbietet, muss seit diesem Jahr eine Bescheinigung nach § 22f UStG beim Finanzamt beantragen und bei den jeweiligen Plattformen einreichen, sonst droht ein Ausschluss.
Die große Herausforderung: Die Umsatzsteuer
Wer Online-Händler in Deutschland ist, seine Waren aber international verschickt, muss sich um die Ertragsteuern keine Sorgen machen: Dazu zählen die Einkommensteuer, Gewerbesteuer und ggf. Körperschaftsteuer. Hier findet die Besteuerung ausschließlich in Deutschland statt.
Anders ist es hingegen bei der Umsatzsteuer. Hier ist nicht relevant, wo der Händler seinen Hauptsitz hat, sondern von wo aus die Waren verschickt werden. Passiert das im Ausland, unterscheiden sich die gesetzlichen Regelungen unter Umständen von den deutschen Regelungen. Das ist einerseits praktisch und einfach zu verstehen, wird aber in Buchhaltung und Steuerberatung oft übersehen und damit zu einem Fallstrick für international agierende Händler.
Davon sind gerade solche Händler betroffen, die ihre Waren in den Lagern von Amazon horten. Liegen die nämlich nun in einem Amazon-Lager außerhalb von Deutschland, muss die Umsatzsteuer in dem Staat abgeführt werden, aus dem die Waren zum Zeitpunkt des Verkaufs verschickt werden.
Das wiederum setzt voraus, dass der Verkäufer im jeweiligen Ausland umsatzsteuerlich registriert ist und dort seine Umsatzsteuer abführen kann.
Weitergedacht: Um Waren aus einem ausländischen Lager zu verschicken, ist eine tiefergehende Recherche der örtlichen Umsatzsteuer-Regelungen notwendig, eine Registrierung für eben diese Umsatzsteuer und ein Prozess zu ihrer Abführung. Neben dem sowieso schon erhöhten Aufwand gegenüber einer Lagerung in Deutschland kommen noch Sprachbarrieren und erhöhte Kosten durch die aufwendige Buchhaltung und Bürokratie zustande.
Hier ist letztlich ein Rechenspiel sinnvoll: Spart die Lagerung und der Versand in z.B. Tschechien oder Polen so viele Kosten ein, dass sie sich trotz der dort höheren Umsatzsteuer von 21 und 23 Prozent lohnt? Wenn nein, bleibt Deutschland die sinnvollere Lagerstätte. Wenn ja: ab ins Ausland!
Im Falle der Amazon-Lager betrifft das allerdings nur Händler, die an deutsche Privatkunden im Jahr Waren im Wert von bis zu 100.000,- EUR aus Lagern in Tschechien oder Polen verschicken. Übersteigt der Wert die 100.000,- EUR, gilt wieder die deutsche Umsatzsteuer von 19% und eben die Versteuerung in Deutschland.
Verzichtet der Händler auf die Anwendung der Lieferschwelle von 100.000,- EUR, kann er weiterhin von den deutschen 19% profitieren. In dem Fall werden Warenlieferungen aus Lagern in Tschechien oder Polen an deutsche Privatkunden vom ersten Euro an nach deutschem Gesetz versteuert.
Eine umsatzsteuerliche Registrierung in Tschechien oder Polen muss trotzdem erfolgen – und die Finanzverwaltungen die jeweiligen Staaten über die Umsätze informieren. Deutsche Kunden profitieren in dem Fall weiter von der EU-weit drittniedrigsten Umsatzsteuer von 19%.